PokeCenter

Jessica stöhnte schwer und wälzte sich auf ihrer weichen Unterlage umher. Das Gefühl von Wärme und Geborgenheit überwältigte sie fast, als sie sich erinnerte was eigentlich passiert ist. Die Blauhaarige rappelte sich schnell auf, nicht aber ohne die geschmeidige Beschaffenheit des Bettes noch einmal gründlich zu inspizieren. Mit ernster Miene stand sie dann doch letztendlich auf und warf sich ihren Mantel über, der fein säuberlich auf einem Stuhl gefaltet wurde. Sie machte eine mentale Notiz sich später noch beim Personal zu bedanken.

Jess öffnete leise die Tür. Laut ihren Berechnungen müsste der fremde Gijinka sich auch in diesem Pokémon Center befinden, da die Attacke auch den Anwender in Mitleidenschaft zieht. Sie schlich durch die Gänge und öffnete einige Türen nach Zufallsprinzip, um zu schauen ob der Weißhaarige irgendwo aufzufinden war. Denn er hatte mit hoher Wahrscheinlichkeit auch noch die Vase in seinem Besitz. Nach einigen weiteren Versuchen erlosch so langsam das Licht der Hoffnung, mit einer Trophäe nach Hause gehen zu können. Als sie aber durch eine weitere der vielen Türen spähte, konnte sie sehen wie eine nicht allzu befremdliche Figur auf dem Bett verweilte. Heh, vielleicht pennt er noch… dachte Jess grinsend. Den Schlaf würde sie ihm aber ganz sicher nicht gönnen.

Jessica riss also die Tür mit voller Kraft auf, sodass diese durch die ganze Energie an der Wand etwas abpralle und den ganzen Raum in Schwingung versetzte. Inklusive die Kommode auf der die antike Vase positioniert war. Das  wertvolle Unikat an Wertobjekt viel nämlich um, rollte Richtung Kante und viel unsanft auf den Boden, wo sie in tausend Scherben zerbrach.

Jessica schloss vor Schreck nur leise die Tür.

Jessica stand etwas paralysiert vor der Tür, die sie vor einigen Sekunden mit so einer Kraft aufgeschleudert hatte, dass man das auch noch durch die Stadt hallen hören konnte. Sie lehnte sich wegen ihrer wackeligen Knie etwas gegen den Türrahmen um an Halt zu gewinnen und zu verarbeiten, was eben geschehen ist. Die Vase, die antike Vase, für die sie extra nach Herzhofen gerannt ist und ein K.O einkassieren musste, lag in Scherben, nur einige Meter entfernt. Sie atmete tief durch und wollte grade verschwinden, als die Tür aufging und die Person, mit der sie den halben Tag lang gestritten hat, im Türrahmen  steht.

Überraschenderweise hatte sie diesmal keinen klugen Spruch parat, da der Schock immer noch in ihrem Körper fest saß. Sie war nicht zwingend verängstigt, auch als sie dieses unheimliche Lächeln auf seinen Lippen sah, eher war Jessica beschämt, dass so ein antikes Kunstwerk wegen ihr in Scherben lag. Mit geröteten Gesicht wollte Jessica dann doch einfach gehen und den Tag vergessen und zu Hause in ihr Kissen schreien, was mit den Händen auf ihren Schultern aber auch erstmal Geschichte war. Auch der strenge Gerechtigkeitssinn war vorübergehend verflogen, stattdessen parierte die lahm mit beschämten Lächeln “Und worüber..?”

Spätestens als der Sarkasmus bei ihrem Gegenüber einsetzte, schnappte sie aus ihrem Stupor und verzog das Gesicht, als hätte sie etwas Saures gegessen. Auch das der Schmerz auf ihrer Schulter langsam zunahm machte sie nicht zwingend glücklicher. Und noch weniger tat es die Frage von dem Weißschopf, ihm bei der Warenbesorgung zu helfen. Bevor sie aber mit einem giftigen “Nein” antwortete, kam das Alternativgebot, bei dem Jess ein belustigtes “Ha!” hervorstieß. “Nur über meine Leiche.” spuckte sie wie heißes Öl. Niemand, und absolut niemand vergreift sich an ihrem Laden. Auch wenn der Typ hier eine Ausnahme ist. Bevor sie aber einen weiteren zornigen Kommentar los wurde, der ihr so selig auf der Zunge brannte, schluckte sie einmal und starrte ihm in seine roten Augen. “Ok, ich helfe dir.” meinte Jess kurz und ernst. Nicht aus Rache und nicht aus Scham oder Ärger, sondern weil sie ihren eigenen Nutzen aus der Situation ziehen wird. Statt ihm zu helfen, kann er ihr bei der Beschaffung neuer Ware helfen, schließlich schuldete sie ihm absolut gar nichts, außer vielleicht ein paar Nerven. Wenn es soweit ist, wird sie sich dich ergatterten Objekte krallen und schnurstracks wieder nach Elyses abhauen.

Jessica trat einen Schritt zurück und riss sich dabei aus dem Klammergriff des Gegenübers und blickte ihn mit zusammengezogenen Brauen an. Sie richtete ihren Mantel und sagte mit dunkler Miene nur kurz “Jessica.”

“Du hast keinen Grund mir zu trauen, das ist deine verrückte Idee, werter Herr Euclase.” meinte sie mit einem giftigen Unterton. Wobei ihr der Name des, ihr nun bekannten, Mannes merkwürdig bekannt über die Zunge rollte. Sie ist sich zu diesem Zeitpunkt ziemlich sicher, dass seine Familie ebenfalls in Elyses gelebt hat und er dort höchstwahrscheinlich aufgewachsen ist. Was sie aber nicht so direkt weiß, da sie die meiste Zeit bei ihrem Großvater, außerhalb der Ortschaft verbracht hat. Und Jessica war sich sicher, dass sie ihn in der nächsten Zeit nicht drauf ansprechen würde. Wenn sie überhaupt mit ihm reden würde.

Die nette Drohung die er noch anfügte nahm sie tatsächlich ernst, wobei sie die Flucht am Ende der Geschäftsreise trotzdem nicht verlegen würde. Soll er sie doch jagen, sobald sie erstmal die antiken Schwerter und Speere aus ihrem Warenlager rausgewühlt hat, wird sich das Blatt schon wenden, davon war sie fest überzeugt.

Glücklicherweise klingelte grade ihre Handy, als eine Nachricht von einem ihrer Händlerkollegen eintraf. Sie gab sich ein imaginäres high-five damals dem Antiquitäten Fanclub beigetreten zu sein. Heute sind das alles renommierte Geschäftsleute, die wissen, was in Sinnoh los ist. Jessica drehte sich weg und sagte halbherzig: “Turm der Ruhenden, Schatz, Grab, jetzt.” sagte sie kurz, da es ihr gehörig gegen den Strich ging, Informationen teilen zu müssen.

---> Herzhofen