PokeCenter

PokeCenter

"Ein großes Gebäude mit roten Dach. Trainer können hier ihre Pokemon heilen. Es gibt die PokeCenter fast überall"

Steht in; Blizzach

Hilara „Hirudo“ dé Magnen

<—- Blizzach

Lächelnd verfolgte Hilara den Eintritt des staksenden Mannes und folgte ihm galant, nachdem sie ein letztes Mal den sich verdunkelnden Himmel hinter ihr studierte. Immer dichter pfiff der im Unwetter grau verschmierte Schnee durch Häuser und Tannenzweige. Die Stadt begann im Wehklagen zu seufzen und würde innerhalb weniger Minuten zu heulen anfangen, derweil der Frost schneidend durch die Lande zog. Auch als sich die gläserne Tür hinter der Arenaleiterin schloss, hielt die Barriere zwar die Kälte vor einem Eindringen ab, nicht jedoch einen letzten Rest Säuseln der winterlichen Natur.
Schwester Joy sowie das Glaziola-Mädchen schienen im hinteren Bereich der Einrichtung verschwunden, was Hilara prompt dazu verführte, ihre Hand an den Rücken des Fremden zu legen, um ihn mit der unbefangenen Berührung an einen der Tische zu bugsieren, der mit seinen gepolsterten Sitzplätzen bereits dazu einlud, besetzt zu werden.
“Wenn Sie das nächste Mal frieren, rate ich Ihnen, sich nicht auszuruhen, ehe Sie einen Ort zum Aufwärmen gefunden haben“, belehrte die Schönheit, während sie mit steifen Fingern ihren Mantel abstreifte und über die Lehne hing. Auf ihrem blassen Antlitz biss sich aufgrund des plötzlichen Temperaturwechsels hartnäckige Röte fest. Routiniert nahm sie die eingeschneite Baskenmütze ab und klopfte einen Teil des Eises von ihr ab, ehe sie einmal in ihre Hände pustete, die Kälte aus den Gliedern rieb und sich setzte. Trotz der unheilvollen Botschaft begleiteten die nächsten Worte ein freundlicher Tonfall sowie ein noch freundlicheres Lächeln.
“Die Kälte lockt in einen verräterischen Schlaf. Einen ungemein tödlichen.“

Brutus

<-- Blizzach

Der hochgewachsene Mann und die schlanke Frau traten gerade noch rechtzeitig ein, um den wahrhaftigen Beginn des schlotternden Schneesturmes zu entrinnen, der sausend und kreischend durch die kleine Ortschaft in den hohen, kalten Bergen fegte. Es gruselte den Invaliden davor, welches unselige Schicksal ihn erreicht hätte, wäre er draußen auf der Bank im Eis sitzen geblieben, um seine steifen Glieder zu erholen. Beinahe dankbar ließ er sich von der Berührung der Hübschen zum gemütlich gepolsterten Sitzplatz geleiten und geriet auch ohne ihre nachdrücklichen Worte ins Grübeln, wie es um sein fragiles Leben nun hätte stehen können. Er zuckte einmal mit den Schultern und ließ die klammen Finger über die Jackenknöpfe gleiten: "Ich werde es mir merken. Aber sterben tun wir alle eh früher oder später. Auch wenn ich zustimme, dass es ein reichlich dummer Tod gewesen wäre."
Brutus blinzelte und erwiderte ihr Lächeln schwach, während er sich den militärfarbenen Stoff von den muskulösen Armen streifte und hinter sich über die Stuhllehne hängte. Bereits wenige Sekunden in der angenehmen Wärme des heimeligen Pokémon-Centers heizten ihn kontrastierend auf. Er verschränkte die Hände auf der Tischoberfläche, obgleich ihm die linke aufgrund des bewegungseingeschränkten Armes nicht recht hinaufwandern wollte. Wachsam musterten die grüngrauen Augen die Schönheit vor ihnen, dann setzte der angehende Trainer erneut zum Reden- und zugleich zu einem Themawechsel an. Wo war überhaupt das lebhafte Gijinka-Mädchen geblieben?
"Wenn ich die junge Frau vorhin richtig verstanden habe, sind Sie wohl hier in Blizzach die Arenaleiterin?"

Hilara „Hirudo“ dé Magnen

Leicht wiegte die junge Frau ihr Haupt im Widerspruch zur Todesaussage, deutete an, dass ihr jener Schluss nicht zu genügen schien, beließ ihn jedoch aufgrund des Themenwechsels vorerst unkommentiert. Stattdessen pustete die die ungesprochenen Worte in ihre Hände, die schmal und zittrig auf Wärme harrten. Angesichts der unbestreitbaren Eleganz und scheinbaren Unberührbarkeit draußen wirkte die Empfindlichkeit der weißen Fingerchen angenehm... menschlich. Die Schönheit schwebte ganz offensichtlich doch nicht über allem. Auch ihr Lächeln schwankte vulnerabel zwischen unantastbarem Stolz - attraktiver Selbstgefälligkeit - und Müdigkeit.
“Gestatten? Hilara dé Magnen, Wassertrainerin und Arenaleiterin von Blizzach“, ganz in ihrer Rolle hatte Hilara sich in ihrem Sitz aufgerichtet, die Stimme proklamierend gehoben und den Blick stechend auf ihr Gegenüber fixiert, während ihre Rechte flink an den Gürtel mit den Pokébällen gehuscht war, “Meine Stärke sollte dir so bekannt sein wie mein Name, sonst hast du diesen Kampf bereits verloren!“ Amüsement benetzte das übertriebene Gehabe, das ganz dem Verhalten der Arenaleiter in den zahlreichen Filmen und Serien über Trainerreisen nachempfunden war. “Und wie lautet dein Name, Herausforderer?“, schloss sie schließlich mit gesenkter Stimme und einem Zwinkern.

Brutus

Ein wenig perplex verfolgten die aufmerksamen Augen des grobschlächtigen Kerls den plötzlichen Stimmungsumschwung Hilaras, die seine Annahme noch einmal bestätigte und sich in allerlei Vertiefung des Stereotyps als kampfeslustige Arenaleiterin vorstellte. Sofort lehnte er sich im Impuls zurück und hob scheu lächelnd die rauen Hände, um abzuwinken. Mit steifen Fingern begann die Linke bereits nach kurzer Zeit vor Erschöpfung zu zittern, ehe er sie wieder sinken ließ und ein wenig unwohl kommentierte: "Bloß nicht. Ich bin bei weitem kein wirklicher Trainer!" Das winzige Webarak, welches man ihm im Prozess seiner Heilung mitgegeben hatte, war vollständig ungeeignet für irgendwelche großartigen Arenakämpfe - und Hilara trieb ja wohl offenkundig einen schlechten Scherz, oder?
Es dauerte ein wenig, bis der Jokus tatsächlich durch das träge Gehirn des Großen sickerte und die in schwere Watte gepackten Gedanken durchstieß. Er räusperte sich verzögert und deutete lediglich mit einem knappen Aufhellen der Mimik an, dass er endlich verstanden zu haben schien.
"Brutus Quorg", begann er ruhig zu brummen, "ist mein Name. Einen besonderen Titel oder Status habe ich nicht."

Hilara „Hirudo“ dé Magnen

So rasch wie sie nach den kleinen Kapseln gegriffen hatte, so schnell ließ sie auch wieder von ihnen ab, kaum dass ihr Gesprächspartner den Scherz begriff. Zwar schien er recht langsam nur zu verstehen, doch erklärte Hilara dies mit der Anstrengung, die eine Reise nach Blizzach mit sich brachte. Immerhin hatte er auf schwachen Beinen eine unwirtliche Landschaft durchquert und nun gar einem Schneesturm getrotzt, unter diesen Umständen dürfte Erschöpfung seine Gedankenkraft vernebeln.
“Ist Ihnen Brutus recht oder muss ich mich mit Ihrem Nachnamen begnügen?“, hakte die Blasse charmanten Tonfalls nach, strich das volle Haar nach hinten und rutschte auf ihrem Stuhl in eine angenehmere Position, “Im Gegenzug böte ich ebenfalls meinen Vornamen statt eines ‚Madame dé Magnen‘ an.“

Brutus

Es schien dem Großen ganz recht, den Vorschlag Hilaras zu befolgen und sich nicht stumpf beim Familiennamen zu nennen. Einerseits brach er sich gedanklich schon die gefrorene Zunge an der Aussprache des dreimal verfluchten Namens der jungen Frau, welche vermutlich aus Kalos stammen musste bei dem exotischen Klang - andererseits erinnerte ihn 'Qorg' stets an die Jahre in der Armee, in denen ihn seine Rekruten als Drill Sergeant respektvoll ansprechen- und grüßen mussten. Eine Erinnerung, die er mittlerweile gerne missen wollte.
"Brutus wäre mir lieber", antwortete der Braunschopf etwas verspätet und strich sich derweil ohne hinzusehen einzelne, halbgetaute Schneeflocken von dem schwarzen Achselhemd auf der breiten Brust, "auch wenn es schon ein selten dämlicher Name ist."
Ein schiefes Grinsen fräßte sich auf das kantige Männergesicht und die sanft gebräunte Haut. Er stammte keineswegs aus den hohen, eisigen Landen. Sein sonnengeliebter Teint kontrastierte hart mit der milchblassen Zartheit der Schönen vor ihm und wies ihn sofort als Fremden, als Eindringling in die friedliche Idylle, aus. Ähnlich trampeltierhaft hatte er sich durch den bleichen Schnee gekämpft im Gegensatz zu ihrem sicheren Gang und hockte nun auch wie eine unpassende Formel zur Gleichung ihr gegenüber ermattet im Pokémon-Center. Sie hätten nicht verschiedener sein können.

Hilara "Hirudo" dé Magnen

Als Brutus ihrem Angebot nachkam, schien die bleiche Wassertrainerin für einige Momente überaus zufrieden mit sich und der Welt zu sein, wie an der geglätteten - glattgeleckten - Stirn ersichtlich wurde, deren ausbleibende Falten das junge Alter der Schönen plötzlich erkennbar machten. Was an der filigranen Strenge schmaler Lippen und konzentrierter, geschwungener Brauen sowie stechender Blicke Alter erwirkte, zerfloss einige Momente zu reiner, weicher Genugtuung. Die Hände, welche auf dem Tisch übereinander gelegt wurden, tippten einen stummen Rhythmus auf die empfindliche Haut.
"Wie kommt Ihr zu dieser Meinung? Immerhin hat er einen schönen Klang."
Beiläufig wanderten die Augen an dem geschwächten Mann vorbei in Richtung des Tresens, hinter dem normalerweise die Schwester Besucher willkommen hieß. Nach der auffällig langen Abwesenheit wurden nun hinter der abführenden Türen klappernde Geräusche laut. Ein Pfeifen wie von einem alten Wasserkocher zog in die Räumlichkeit ein.
"Etwas rabiat vielleicht."

Brutus

Träge zerrte die Müdigkeit mit spindeldürren Fäden an den Lidern des kräftigen Trainers, derweil er seinem bezaubernden Gegenüber lauschte. Eine Ein-Tages-Reise vom steinigen Kraterberg hinauf in das hohe Eis nach Blizzach war definitiv keine gute Idee gewesen. Der Gewaltmarsch durch den Schnee und die wenigen Unterbrechungen dessen hatten ihn zermürbt und obgleich er lange Märsche noch entfernt von seiner anstrengende Zeit in der Armee gewöhnt war, hatte er sich doch maßlos über- und das unwirtliche Wetter des Nordens unterschätzt. Schwerlich unterdrückte der eher ungehobelte Kerl ein Gähnen und versuchte zumindest grundlegende Höflichkeit zu wahren und der scheinbar makellosen Arenaleiterin beim Sprechen in die Augen zu sehen. Dabei sehnte er sich allem voran nach einem warmen, weichen Bett, einem gemütlichen Schlafsack oder einer einfachen Matratze.
"Die Bedeutung ist kompletter Mist", brummte er entschieden und gleichsam gezügelt in seinem Ton - er seufzte, "wer nennt sein Kind schon 'den Stumpfsinnigen'?"

Hilara "Hirudo" dé Magnen

Hilaras Mundwinkel zuckten amüsiert, huschten jedoch nicht nach oben in ein Lächeln sondern nach unten wie bei einem unterdrückten Grinsen. "Wahrlich ungünstig gewählt - und unzutreffend", zwinkerte sie und wusste, dass das Kompliment bei der Müdigkeit Brutus' vermutlich ein vergeudetes war. Trotz mangelnden Nutzens fand sie Gefallen daran, es auszusprechen. Der Gedanke entlockte ihr nun doch noch ein schmales Lächeln.
"Nach der langen Reise verlangt es Sie gewiss nach einer Schlafstätte - ich würde Ihnen ja mein Gästezimmer anbieten, doch macht uns der Sturm in dieser Sache wohl leider einen Strich durch die Rechnung.

Brutus

Lediglich beiläufig rauschte das silberzüngige Kompliment der Schönheit an den Ohren des erschöpften Reisenden vorbei. Er realisierte zwar und lächelte matt, einerseits zum Dank und andererseits aus Amüsement, allerdings traf Hilaras Zwinkern bereits auf blinde, graugrüne Augen. Mittlerweile hatte sein 'stumpfsinniger' Verstand bei Weitem nicht ausreichend Kraft dazu, geistreichen Wortwitzen zu lauschen, geschweige denn konnte er dem unsinnigen Versuch verfallen, selbst welche zu formen. Rhetorik und Scherzereien lagen ihm nicht, entweder wurde er zu geschmacklos und überschritt irgendwelche Grenzen - oder jemand anderes tat es bei ihm. Diesmal unkontrolliert das Maul aufsperrend zum lauten Gähnen, stützte er sich mit dem Kinn anschließend seitlich auf dem kräftigen Handballen der rechten ab und warf ein paar schiefe Blicke zu der Blassnase herüber nach ihrem großzügigen Angebot: "Macht nichts. Trotzdem danke. Zur Not penne ich hier auf den Sitzbänken oder auf dem Boden. Ich bin nicht wählerisch."
Ein überlegendes Blinzeln ereilte die finstere Fensterscheibe hinter der sich, wie zu erwarten, weiterhin der tobende Schneesturm in aller Naturgewalt abspielte. Wäre auch zu schön gewesen.

Hilara "Hirudo" dé Magnen

"Oder..." Überlegend fokussierte Hilara die verschlossene Tür, hinter der die Schwester und die Gijinka sein mussten. "Wir nehmen uns hier ein Zimmer." Kurzentschlossen erhob sich die Dunkelhaarige von ihrem Platz und strebte besagten Zugang an. Ein Klopfen reichte, um die Aufmerksamkeit der dahinter werkelnden Joy zu erregen. Ein vor Freundlichkeit triefender Wortwechsel folgte, der mit einem Handschlag, einer geschlossenen Tür und einer selbstgefällig dreinschauenden Arenaleiterin endete.
"Ein Teil der Räumlichkeiten ist bereits besetzt - die Gijinka, die Sie bereits gesehen haben, sowie ein gestrandeter Trainer, der seine Abreise verpasst hat." Locker ließ die Schöne den Schlüssel zu besagtem Rückzugsort klimpern. "Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich die gleiche Lokalität beziehe - oder wollen Sie mich armes, schwaches Mädchen zurück in den eisigen Schneesturm schicken?"

Brutus

Langsam und ein wenig wackelig erhob sich der Mann hinter Hilara, als jene nach ihrem knappen Vorschlag an ihm vorbeischwebte und sich kurz Hals- über Kopf in ein Gespräch mit der hilfsbereiten Schwester Joy stürzte. Er selbst blieb unschlüssig zurück, kämpfte sich schwerlich aus dem weichen Sitz hinauf in den schwachen Stand und musste feststellen, dass seine Glieder aufgrund von Müdigkeit und Erschöpfung noch stärker versteift waren. Staksend wie eine Marionette an vier Fäden stolperte er zu der selbstbewussten Trainerin hinüber, fühlte bei jedem Schritt den Schmerz durch seine Beine fluten und zeigte sich ein wenig verkniffen aufgrunddessen, kaum, dass er bei ihr und dem klingenden Schlüssel angekommen war.
"Mir macht es nichts aus, aber Ihnen wahrscheinlich..", begann der hochgewachsene Braunhaarige zu sprechen, die militärfarbene Jacke sorgsam über den Arm gelegt, und lächelte ein wenig selbstironisch in sicherer Verlegenheit, "Sie werden kaum ein Auge zutun können, denn ich schnarche so laut wie ein Krawumms ruft."

Hilara „Hirudo“ dé Magnen

Erneut breitete sich Zufriedenheit auf dem weißen Antlitz aus, diesmal jedoch eher von kätzischer als von kindlicher Natur. Vergnügt federte die junge Frau an Brutus vorbei, wieder Richtung Tisch, um ihre dortig zurückgelassene Kleidung aufzusammeln. “Sorgen Sie sich darum nicht - als Konter für Ihre Lautstärke schlafe ich fest wie ein Relaxo. Die beiden Umstände werden sich ausgleichen.“
Zurück an der Seite des Mannes hielt sie einige Moment überlegend inne. Graue Iriden sogen die Haltung und den Ausdruck des Älteren ein, bis sie zögerlich eine Hand an seiner Taille zur Unterstützung anbot: “Darf ich? Das Zimmer befindet sich im oberen Stockwerk.“

Brutus

Der Vergleich der hübschen, schlanken Frau mit einem plumpen Relaxo schien Brutus ein wenig zu widerstreben. Bei Weitem konnte er sich Hilara nicht als ein dickliches Pokémon vorstellen und er glaubte auch nicht, dass sie tiefer schlief als er schnarchen würde, allerdings... war es ihre Entscheidung. Sie musste es wissen und austesten. Wenn sie sich selbst überschätzte, bezahlte er dafür gewiss nicht den Preis. Er hatte sie ja deutlich vorgewarnt.
"Falls ich wirklich zu laut werden sollte, wecken Sie mich einfach", murmelte er ihr dennoch einen knappen Ratschlag ans Ohr, während sie ihm plötzlich zur Unterstützung kam, "dann schlafe ich auch gerne dort am Tisch."
Ihre Nachfrage ob der kleinen Hilfe quittierte er mit einem stummen Nicken. Jegliche weitere Vertiefung der Thematik lehnte er allerdings ab. Es war schlimm genug für seinen männlichen Stolz, auf sie angewiesen zu sein, da wollte er es nicht noch hören. Stocksteif und schleppend schob der Verletzte einen Fuß vor den anderen, folgte klamm und ungelenk der Arenaleiterin zu ihrem gemeinsamen Zimmer. Es kam ihm vor, als würde mit jedem weiteren Schritt jemand eine Säge durch seine Knochen schlagen und die Gelenke in zähflüssiges Blei gießen. Zitternd hielt er sich mit einer Hand im aufwallenden Schmerz an der zarten Schönheit fest, die sehnigen Finger an ihre Schulter gepresst und die Zähne leise knirschend.

Hilara "Hirudo" dé Magnen

Statt auf den letzten Hinweis noch etwas zu antworten, rückte sie mit Nachdruck an den Verletzten heran und verstärkte den Griff ihrer linken Hand an seiner Taille. Wie so vielen schien es ihm unangenehm zu sein, Hilfe anzunehmen, die auf seiner eigenen Empfindlichkeit, seinem Schmerz beruhte. Verständlich. Ihr würde es ebenso widerstreben, auf jemand anderes angewiesen zu sein. Es wäre der Höhepunkt dieser Art von Demütigung: verletzt, hilflos und offenbart.
Konzentriert versuchte die Frau den Größeren so zu stützen, dass er möglichst schwach auftreten musste, obgleich sie den genauen Brandherd seines Leides kannte. Bei Yukino - das ähnliche Bild überblendete vor ihrem inneren Auge die Situation - war die Ursache ihrer Verhinderung durch das Gipsbein allzu deutlich gewesen. Anstatt wie Brutus jedoch sich den Umständen zu fügen, hatte sie sich in Hilaras Griff schier gefunden vor der Bloßstellung. Die Erinnerung streute einen Funken Nachdenklichkeit in die grauen Augen.
Vor der Räumlichkeit blieb sie einige Zeit stehen, bis sie mit dem Schlüssel das etwas eingestaubte Schloss geöffnet hatte und eintrat. Direkt links neben der Tür befand sich ein kleines, blaues Sofa - die untersetzte Alternative zum weiß bezogenen Bett, das den gedrängten Raum dominierte. Gegenüber der Couch machte sich zudem ein Wandschrank breit, der wie ein deplatzierter Türsteher den Eingang zum winzigen Bad bewachte. Drei verteilte Topfpflanzen scheiterten an einer wirklichen Aufhellung der Einrichtung und nahmen eher Platz weg als alles andere.
"Wenn es Ihnen nichts ausmacht, beziehe ich die Liege. Ich bin früher viel gereist und hänge gern den Erinnerungen nach, falls Sie verstehen", murmelte die Arenaleiterin, während sie den Mann bis zum Bett zu stützen gedachte. Ihn dort abgesetzt würde sie mit eleganten Bewegungen ihren Platz auf dem schmalen Sofa markieren, indem sie zunächst ihren Mantel darauf ablegte und sich anschließend samt einnehmendem Lächeln darauf niederließ.

Brutus

Schweres Schnaufen und Keuchen vor Anstrengung und Schmerz quittierte den festen Griff der Frau an der Taille des erschöpften Verletzten. Er wollte ihre Unterstützung gerne schätzen, konnte es aber nicht, wenn ihm die Pein den letzten Nerv raubte und er seinen gekränkten Stolz bei jedem Schritt aufheulen hörte wie den Motor einer lauten, öligen Maschine. Seine Schwäche - oder das Gefühl dessen - giftete ihn innerlich an, doch er wollte nicht rebellieren. Schleppend und torkelnd ließ er sich zu dem Zimmer führen, glaubte seinen eigenen Körper knacken und knirschen zu hören, hockte dabei schon halb auf der zarten Schulter Hilaras und biss die gelbweißen Zähne zusammen, um weder zu protestieren noch zu stöhnen ob seiner steinharten, unbeweglichen Glieder. Scheiße, das Militär konnte ihm ruhig mehr Entschädigungsgeld für die verdammten Verletzungen zahlen!
"Ist gut", brummte er träge, obwohl es ihm eigentlich gar nicht gefiel, dass sie sich als eine scheinbar feine Lady mit einer billigen Couch zufriedengeben musste und er dafür das wesentlich bequemere Bett okkupierte.
Begleitet von einem hauchenden Ächzen ließ er sich auf der Matratze nieder und drückte den kräftigen Rücken augenblicklich in den weichen Stoff unter ihm, während die schmutzigen Stiefel einfach weiter an seinen Füßen baumelten. Starre, nachdenkliche Augen huschten an die fahle Decke der zugeräumten, engen Stube, ehe er den gesunden Arm hinter dem verschwitzten Schädel verschränkte. Sein Gesicht glühte rot vor Überanstrengung, dass er es bis in die tauben Fußspitzen strahlen spürte. Ein dankendes Wort verkniff er sich. So weit kam es noch. Ärgerlich senkte er die Brauen und legte die Stirn in tiefe Falten, derweil er sie kein einziges Mal anblickte. Stattdessen murrte er ein wenig verstimmt: "Sie haben nicht zufällig eine Zigarette zur Hand?"

Hilara "Hirudo" dé Magnen

Wie durch das eher preisniedrige Aussehen bereits signalisiert, bestätigte das kleine Sofa seinen Ersteindruck. Rau und kühl lag der Stoff an der klammen Haut, doch im Vergleich zu den Außentemperaturen erschien er dennoch wie eine Tasse warmen Tees. Zumal Hilara nicht gelogen hatte: Ihr gefiel die ausbleibende Weichheit, das wenig gepolsterte Material. Eine warme Berührung hätte sie begrüßt, nicht jedoch die trügerische Sanftheit von Federkissen.
"Zu meinem Leidwesen nicht. Tut mir leid", antwortete die Dunkelhaarige tatsächlich leicht bedauernd und betrachtete ihr Gegenüber anders als Brutus aufmerksam, wusste seinen ausbleibenden Blickkontakt zu deuten und nickte wie zu sich selbst. Behände fasste sie an ihre ledernen Stiefel, zog sie jeweils in einer fließenden Bewegung ab und erhob sich auf die gleiche Art. Schnellen Schrittes wandelte die Schönheit zum Wandschrank hinüber, aus dem sie ein weißes Handtuch sowie einen für sie etwas zu kurz geratenen Bademantel zog, nachdem sie das Innere studiert hatte.
"Man könnte meinen, wir befänden uns in der Nähe einer heißen Quelle", kommentierte sie schmunzelnd den Fund, bevor sie mit einem letzten Lächeln in Richtung Brutus in dem kleinen Bad verschwand. Hinter der geschlossenen Tür klang eine Zeit lang das Rauschen fließenden Wassers.

Brutus

Natürlich hatte Hilara weder Tabak noch Feuer zur Hand. Es wäre auch zu schön gewesen. Innerlich seufzend nickte Brutus ihre Antwort ab und schob sich unbeholfen auf der Matratze zurück, dabei erschien ihm die angenommene Position sogleich ungemütlicher als die zuvor. Ärgerliches Grummeln des gereizten Verletzten kommentierte das Reden der Arenaleiterin, die sich einen kürzeren Bademantel aus dem Wandschrank samt Handtuch nahm und dann ins Bad verschwand. Kaum dass die klingelnden Ohren des kräftigen Mannes das gleichmäßige, rhythmische Fließen von Wasser hörten, entspannte er sich ein wenig und drehte sich auf die Seite um. Mit dem Rücken zur Seitentür zeigend, legte er die bewegungsfreie Hand an sein Gesicht und schloss erschöpft die schweren Lider. Der Schmerz würde schon irgendwann nachlassen und dann konnte er sicherlich friedlich schlafen. Morgen hätten sich die versteiften Glieder wie nach einer Rostkur bei einer alten Karre wieder beruhigt. Hoffentlich...
Die Geräusche aus dem Bad verstummten, leises Fußtapsen auf dem Fliesenboden ertönte gedämpft aus dem Nebenraum. Brutus ächzte, das rötliche Gesicht krausgezogen und die Augen langsam öffnend, bemerkte er, dass die Zeit im Flug vergangen war - ohne, dass er der Pein entrinnen- und einschlafen konnte. Stöhnend strich er sich über die schweißbenetzte Stirn und begab sich windend zurück in die Rückenlage.

Hilara "Hirudo" dé Magnen

Kaum öffnete sich die Badezimmertür, drang noch vor Eintritt Hilaras eine Dampfwolke aus dem winzigen Raum, der eleganten Dame einen roten Teppich aus heißer Luft auszurollen. Ihre nackten Füße quietschten leise auf dem glatten Boden, sodass ihr Verbleib selbst mit geschlossenen stets leicht zu orten war. Dem zuvor selbstsicheren Gang haftete eine teilweise spürbare Befangenheit an, die wohl mit der verlorenen Kleidung zusammenhing, die sie im Arm trug. Stattdessen kleidete sie der zuvor ausgesuchte, weiße Bademantel sowie das zu einem Turban geschlagene Handtuch, das nicht ganz alle dunklen Haare gefasst hatte, sodass einige Strähnen frech in das von der Wärme gerötete Gesicht hingen. Hätte die Frau nicht ein andeutungsweise selbstgefälliges Lächeln auf dem Antlitz getragen, hätte die Farbe auch von der Scham rühren können, die im Ansatz auch ihre Bewegung befallen hatte.
Vorsichtig legte die Schönheit ihre Besitztümer neben den Mantel auf ihrem erwählten Schlafplatz ab, trat einen Schritt zurück und musterte ihren liegenden Zimmergenossen unschlüssig. Die Distanz zwischen den beiden Unbekannten wurde Hilara urplötzlich deutlich gewahr, wenngleich ihr Gefühl in dieser Situation ihr einen Streich spielte. Ratlos ob ihrer nächsten Handlung setzte sie sich einfach hin - auf den Rand des Bettes, in dem Brutus lag. Nachfragen zu seinem Zustand blieben ihr genauso im Halse stecken wie ein silberzügiger Kommentar.

Brutus

Warmer Dampf strömte in das kleine, leblose Zimmer, als die Schönheit die quietschende Badezimmertür öffnete und im schummrigen Dämmerlicht auf nackten Sohlen leise eintrat. Tappende, zielstrebige Schritte führten sie durch den schwülen Raum, während Brutus heftiger atmete ob des heißen, wässrigen Gases, das seinen bleiernen Lungen die Stärke nahm und seine freien Arme schier verbrannte. Sein Leib war gleichzeitig von einer allumfassenden Taubheit- und großen Sensibilität ergriffen, lediglich die versteiften, steinharten Beine konnte er unter dem Schmerz nicht mehr spüren. Am Rande seiner Wahrnehmung erkannte er Hilaras geisterhafte Gestalt, die mitsamt eines glühenden Rotschimmers auf ihren prägnanten Wangen durch die enge Stube irrte. Gehüllt in einen Bademantel und mit notdürftig hochgeschobenem Haar wirkten ihre fließenden Bewegungen fast ein wenig verunsichert, doch das musste er sich einbilden. Von draußen hörte er den schwarzgrauen Schneesturm wüten, der kreischend und heulend an den Fenstern rüttelte und Schneisen durch den stillen Schnee des kleinen Örtchens schlug. Erschöpft keuchte Brutus in die unbewegte Luft, bewegte den pochenden Schädel hin- und her und spürte den panischen, donnernden Herzschlag in seiner Brust durch sein kochendes Blut rasen. Als er die dunklen Umrisse ihres schlanken Körpers am Rande des billigen Bettes erlösend-verführerisch ihm entgegenfunkeln sah, hielt er es nicht mehr aus. Er trennte schwerfällig die krampfende Hand vom schweißnassen Stoff unter ihr und legte sie vorsichtig, nahezu liebevoll sanft, auf den blassen Oberschenkel der Arenaleiterin, während er durch die Geste verzweifelt versuchte, ihre Aufmerksamkeit auf sein feuerrotes, leidendes Gesicht zu ziehen.
"In meiner Jacke..", röchelte er mit staubtrockenen Lippen, "sind noch ein paar Schmerzmittel... Können Sie sie bitte... Einfach nur in einem Wasserglas auflösen..?"
Die Menge und sämtliche Anweisungsschritte waren auf dem Beipackzettel der Medikamente beigelegt. Kraftlos ächzend ließ der Große sich zurückfallen und fegte mit einer stockenden Kopfregung ein paar feuchte, klebende Haarsträhnen aus seiner Sicht.

Hilara „Hirudo“ dé Magnen

In einem fragilen Käfig aus Unsicherheit und verlorenen Gedanken eingeschlossen, erschreckte es die blasse Frau, als Brutus seine Hand ausstreckte und mit seiner um Aufmerksamkeit flehenden Geste an den Gitterstäben rüttelte. Beinahe überrascht sah sie ihm in das vor Schmerz verzogene Gesicht, hing noch in einer anderen Welt und schien dann zu realisieren. Anstelle einer verbalen Antwort suchte sie kurz den Kontakt seiner bei ihr liegenden Hand, drückte sie schwach und legte sie anschließend wieder auf dem Bett ab, um sich umwenden und nach seiner Militärsjacke greifen zu können, die sich in faltigem Knäuel ebenso auf dem Schlafplätze ausgebreitet hatte. Ein Ärmel hing unter Brutus fest, doch hielt Hilara dies nicht davon ab, mit flinken Fingern die Taschen nach Schmerzmitteln zu durchforsten.
Der angestrengte Atem des Mannes diente ihr als Ansporn, verleitete jedoch nicht zur Hektik. Zielsicher und pragmatisch ging die Suche vonstatten, sodass sie rasch die geforderte Medizin in den Händen hielt. Sofort erhob sie sich, eilte, den Beipackzettel bereits aus der Verpackung fischend, zurück in das Bad, um den dortig gefundenen Plastikbecher mit Wasser zu füllen. Mit der plötzlichen Sicherheit und Kompetenz in jedem Arbeitsschritt schien die vorherige schamhafte Rastlosigkeit längst vergessen. Lediglich eine gedankenvolle Stirnfalte war von dem verräterischen Eindruck zurückgeblieben, als die Arenaleiterin mit Schmerzmittel und rosa Becher zurück an das eher schmale Bett huschte. Ohne weitere Zeit zu verschwenden, lehnte sich die Dunkelhaarige über den Verletzten, hob dessen Kopf leicht mit der freien Hand an und führte das Gefäß näher an seine trockenen Lippen, ohne allerdings die Dreistigkeit zu besitzen, ihm ihr Einflößen aufzuzwingen. Griff er selbst nach seiner Rettung, überließe sie ihm kommentarlos den Becher, reagierte er nicht, übernähme sie diese Aufgabe.
“Hier.“ In den grauen Augen stand ernste Konzentration. Weitere Haarsträhnen hatten sich aus dem Turban gelöst.

Brutus

Entfernt fühlte Brutus einen sanften Wärmeschwall durch seine raue, trockene Haut schwimmen, als ihn die dunkelbraunhaarige Frau vorsichtig an den Fingern berührte und jene sanft drückte in einer trostspendenden Geste. Irgendwo, tief unter dem betäubenden Schmerz, spürte er ihre Intention bis in seine müden Knochen hinabstrahlen und genoss den stillen Beistand für wenige Sekunden. Erschöpft die Augen schließend, reckte er leicht das Kinn und lauschte den verwaschenen Tönen um sich herum. In das laute Pochen seines Herzens und den beißenden Blutstrom mischten sich Hilaras zielstrebige Schritte und das Rascheln des Bettbezuges, seiner Jacke. Die Tür zum Bad quietschte ein weiteres Mal leise und das gleichmäßige Rauschen von einem aufgedrehten Wasserhahn erklang. Doch er konnte nicht bestimmen, aus welcher Richtung ihn die Geräusche erreichten. Vollkommen orientierungslos glaubte er sich nicht mal mehr auf einer Matratze liegend, obwohl er es wusste. Die Empfindungen eines tauben, schmerzenden Körpers führten ihn in eine irreale Irre. Kraftlos strich er über den billigen Stoff unter seinen Händen und versuchte, nachzuvollziehen, was es eigentlich war, bis die Gestalt der vorgelehnten Arenaleiterin zurück in sein Blickfeld kehrte. Gelöste, dunkle Haarsträhnen fielen ihr über die schlanken, hellen Schultern, als er die Lider flirrend hob und sie notdürftig fokussierte. Verwirrt folgte er dem Knittern von Plastik, das in pinker Farbe vor seinen brüchigen Lippen auftauchte und ihm mit wässrigem Inhalt entgegenschwappte. Langsam schob er seine Pranke über die Bettwäsche nach hinten, um sich wackelig aufzurichten. Zögerlich griff er nach dem Becher, der ihm wie plötzlich entstanden erschien, und nahm ihn ihr mit einem dankbaren Nicken aus der Hand.
"Ich werde jetzt in den nächsten Minuten... echt schnell einschlafen", warnte er seine Begleitung gedämpft vor, nachdem er mit zitternden Fingern die aufgelöset Medizin getrunken hatte und allein ob der Erleichterung schon große Linderung verspürte, "und vermutlich.. penne ich sehr.. lange."

Hilara "Hirudo" dé Magnen

Zur Konzentration mischte sich heimlich seichte Wärme in die grauen Augen, als der Verletzte sich unsicher aufrichtete, um den Becher entgegenzunehmen.
"Dann erhol dich gut", säuselte die Dunkelhaarige schwebend und wagte den Wechsel in der Anrede bewusst - genoss den leichten Klang des 'Du's - auch wenn sie es nur aufbrachte, weil sie an sein späteres Vergessen glaubte. Ganz in ihrer Pflegeaufgabe versunken nahm sie ihm den entleerten Becher ab, stellte ihn stattdessen auf den Nachttisch und lehnte sich anschließend zurück zu Brutus, dessen verschwitztes, angestrengtes, doch sich langsam entspannendes Gesicht sie kurz eingehender betrachtete. Dennoch lag etwas in ihrem Blick, das vermuten ließ, dass sie zuweilen etwas anderes sah.
Nach einer kleinen Zeitspanne erhob sich Hilara mit einem leisen Seufzen, das die entfernt aufkommende Wehmut in ihren Zügen mit dem gleichen Gefühl untermalte. Glücklicherweise sah es der Fremde nicht mehr, denn wenn er nicht bereits innerhalb weniger Sekunden entschlummert war, so verbarg nun wenigstens die Dunkelheit jede Emotion, als sie den Lichtschalter betätigte. Still verharrte die Arenaleiterin dort, bis sie an der erst ruhiger werdenden und plötzlich ohrenbetäubend laut aufschallenden Atmung des Mannes erkannte, dass er eingeschlafen war. Jede berührungsersehnende Ambition verflog mit dem schrecklich lauten Schnarchen wie eine Kerzenflamme im Schneesturm, sodass die Heftigkeit jenes Stimmungsumschwungs ihr gar ein leises Lachen unterjubelte. Natürlich ging der Klang vollständig in dem Lärm unter. Bei Arceus... Er hatte nicht übertrieben.
Schmunzelnd nun statt melancholisch tastete sich die Arenaleiterin zu der schmächtigen Couch, auf der sie von Brutus abgewandt Platz nahm. Ihr eigener Mantel, den sie ursprünglich als Decke hatte nutzen wollen, diente nun vorrangig dazu, ihre Ohren vor dem nächtlichen Ertauben zu schützen. Dies würde eine lange Nacht werden... für jeden Besucher des Pokémon-Centers.

Der nächste Morgen grüßte mit einer dicken Schneedecke auf dem winzigen Dachfenster des ebenso winzigen Raumes. Wie schon am Abend zuvor klangen geschäftige Geräusche aus dem anliegenden Bad, diesmal durchsetzt von einigen dumpfen Stößen und leisen Flüchen. Beides übertönte jedoch freilich nicht die intensiven Laute des Schlafenden selbst. Erst als der Lärmpegel in einem knallenden Aufstoßen der Tür gipfelte, schien ein Maß überschritten, das auch ein Krawumms wie Brutus im Schlummer bemerken konnte. "Verfickte Scheiße", drang es leicht atemlos über die schmalen Lippen Hilaras, ehe sie verdutzt innehielt und lauernd zu dem Mann im Bette schielte. Statt des Bademantels trug sie nun wieder die Kleidung des Vortages, wenngleich ihr Gesamteindruck etwas zerzauster und die Schatten unter ihren Augen nunmehr tiefer anmuteten als am gestrigen Abend noch.
"Kommen Sie", richtete sie ihre Worte nun sanfter an den Verletzten, indem sie ihn mit einer Hand schwach am gesunden Arm rüttelte, "Es ist Zeit für ein Frühstück - wenn nicht gar für ein verfrühtes Mittagessen."

Brutus

Aus der Ecke des kleinen Raumes tönte surrend, ratternd und blechern die billige Heizung, vermischt mit dem beständigen Pochen und fernen Fluchen aus dem nebenstehenden Bad. Warm, doch nicht stickig erschien es dem Schlafenden um ihn herum, während er die durch den Schnee schimmernden Sonnenstrahlen an seiner Nasenspitze kitzeln fühlte. Tief versunken in traumlosen, unruhigen Schlaf, wälzte er sich, begleitet von seinem überwältigend lautem Schnarchen gemächlich auf die Seite, bis er von kühlen Fingern an seinem Arm berührt wurde. Schwerfällig ließ er sich auf den Rücken fallen und presste dabei einen letzten, ersterbend-röchelnden Laut aus seinen müden Lungen. Mit geschlossenen Augen sah er die dunklen Umrisse Hilaras vor seinen Lidern auftauchen, die ihn anfasste, ehe er unter dem heftigen Lichteinfluss die Brauen angestrengt verzog und ein paar Mal den Kopf fiebrig hin- und herbewegte. Ihre sanften, aber bestimmten, Worte konnte er nicht verstehen.
"Noch fünf Minuten", murrte der schläfrige Mann missgelaunt ob des unterbrochenen Schlummers und nahm seine gesunde Hand hinauf, um die Seelenspiegel zu schützen.
Ein paar stille Sekunden, Minuten, vergingen und zogen an ihm vorbei, in denen er nicht zurückkehren konnte in die erholsame Welt der traumlosen Träume, sodass er sich irgendwann aufraffen musste, gerädert stöhnte und zerrüttet der Frau auf dem Bettrand entgegenblinzelte. Im Gegensatz zu ihm schien sie bereits länger auf zu sein und war angekleidet. In ihrem sonst eher makellosen Gesicht prangten schwarze Schatten, die von ihrer Schlaflosigkeit erzählten. Brutus konnte sich denken, weshalb. Er hätte woanders ruhen sollen. Der Ex-Soldat seufzte, hielt sich den Schädel und setzte sich vorsichtig auf. Mit einem entschuldigenden Lächeln erlaubte er sich leise einen bissigen Scherz: "... Ich sehe schon, Krawumms hat den Kampf offenbar gewonnen."
Die Schmerzen und das peinigende Taubheitsgefühl der vorherigen Nacht waren spurlos aus seinem starken Körper gewichen. Die Medizin hatte ihn in Sekundenschnelle in den Schlaf gelullt und jegliches Leid abrupt beendet. Er war dennoch alles andere als erholt von den Ereignissen des Vortages. Es drückte unangenehm in seinem Schädel von innen, beinahe so kräftig, dass es ihm den Orientierungssinn nahm. Träge blickte er an seiner verschwitzten, am Leib haftenden Kleidung hinab, die eng und übelriechend feucht-dreckig an ihm klebte: Selbst die Matratzte trug ein paar schmutzige Schweißflecken davon. Dabei fasste er einen weiteren unliebsamen, morgendlichen Umstand ins Auge, den er mit einem flinken Griff an die dünne, zuvor am Abend hinfortgestrampelte, Decke eilig zu verdecken wusste. Bis zum Bauch hinaufgezogen legte er sie ab und spähte dann zu Hilara hinüber. Er räusperte sich und hakte wie zur Ablenkung nach: "Was haben Sie eben nochmal gesagt?"